In der letzten Haarnadelkurve des Weges, der sich von Feutersoey das Tal auf den Walig schlängelt, liegt der Alpbetrieb von Perretens Bio-Bärgheimet. Dahinter thront das massive Spitzhorn. Rund um die Alp weiden die Tiere an den steilen Hängen. Das Gras ist kurz, der Ausblick in jede Himmelsrichtung weit, dazu bimmelnde Kuhglocken.

Schön idyllisch auf den ersten Blick, harte Arbeit für David und Marlies Perreten, die hier mit ihren fünf- und siebenjährigen Kindern den Sommer verbringen. Es bedeutet viel Aufwand und gibt den ganzen Tag zu tun: 37 Kühe melken, käsen, die Schweine mit der Molke füttern. Nebst den generellen Herausforderungen der Landwirtschaft im Berggebiet – viel Handarbeit, ein hoher Arbeitsaufwand, lange Transportwege und ein hartes Klima – kämpft die Familie Perreten in diesem Jahr auch mit der Wasserknappheit. Bis jetzt mussten sie zwar keine Tiere verkaufen oder früher von der Alp, dennoch bedeutet der Wassermangel einen hohen Zusatzaufwand. «Die bestehende Quelle gibt noch Wasser, aber es kommt zu wenig», bringt David das Problem auf den Punkt.

Offroad für Trinkwasser

Der grossgewachsene David zieht den Kopf ein, als er in die Kabine des Traktors steigt. Er deutet mir, auf dem Sitzli Platz zu nehmen. Mit einem Joystick zu seiner rechten steuert er die Hydraulik, der leere Tank erhebt sich und wir fahren langsam rückwärts. Die Kühe stehen gemütlich um den Brunnen herum, unbeeindruckt vom Gefährt. «So, Arnika! Geh auf die Seite!», murmelt David. Er kennt jede Kuh beim Namen und ist stolz auf das Horn. Spitzhörner hier, das grosse Spitzhorn dort, inspirierte vom Slogan «Milch von Kühen mit Horn» und vom Namen der Käserei.

Das Rätische Grauvieh, eine ProSpecieRara-Rasse, sei robust und als Zweinutzungsrasse bestens an die Gegebenheiten vor Ort angepasst. Steilhangtauglich, noch besser als der doppelbereifte Traktor, der David in einer Direttissima langsam den Hang hinunter steuert. Dennoch schüttelt es in der gepolsterten Kabine heftig. Die Fahrt endet neunzig Höhenmeter unterhalb der Alphütte, im Sumpfgebiet der Quelle. Ein Rohr fasst hier einen Teil des Wassers, das restliche sickert in Rinnsalen, sammelt sich in Pfützen und versteckten Sumpflöchern, wo ich knöcheltief einen Schuh voll rausziehe… David nimmt einen Schluck ab der Röhre, das Wasser sprudelt eiskalt. Volltanken dauert bei rund 10 Litern pro Minute mehr als anderthalb Stunden. Tank abkuppeln und wieder hoch mit dem Traktor, zu neuen Aufgaben.

Artenreiche Feuchtwiesen mähen

Wenig später mäht David zusammen mit seinem Lernenden weit oben die Feuchtwiesen. Böden, die in den oberen Schichten vom Grundwasser beeinflusst sind, zählen zu den artenreichsten Biotopen des Alpenraums. Deshalb zahlt der Kanton und der Bund Beiträge für deren Erhaltung. Weil die Tiere die Pflanzen der Feuchtwiesen ungern fressen, werden sie gemäht, getrocknet und als Einstreu für die Tiere im Stall gebraucht. «Mähen wir nicht, verganden die Flächen und innert 15 Jahren steht da ein kleiner Wald», erklärt David.

Sprudelt die neue Quelle konstant?

Später muss David mit dem Traktor wieder runter, den 1000-Liter-Tank ankuppeln und den Berg hinaufschieben. Eine zusätzliche Aufgabe nebst all den anderen Arbeiten, aber wenigstens kann er sein Vieh mit Wasser versorgen. Bei der neuen Quelle wollten sie zuerst sicher sein, dass konstant genügend Wasser kommt und auch die Qualität stimmt. «Es hat genug Wasser, nur nicht am richtigen Ort», weiss David. Deshalb pumpen sie ab nächstem Jahr mit einem Widder das Wasser hoch. Einem Widder? Der hydraulische Wasserwidder oder auch Stossheber ist eine Pumpe, die einen grossen Teil des Wassers nutzt, um einen kleinen Teil des Wassers in die Höhe zu pumpen. Erfunden und patentiert wurde er bereits vor über 200 Jahren. Ein System das ohne zusätzliche Energie wartungsfrei täglich frisches Wasser liefern wird. Bis dieser installiert ist und genügend Regen kommt, wird David Perreten noch ein paarmal den Hang runter- und wieder hochfahren.

David Perreten (39) ist mit der Landwirtschaft aufgewachsen. Er absolvierte zwei Jahre seiner landwirtschaftlichen Grundausbildung auf Ackerbaubetrieben und verbrachte den Sommer im Heimlehrjahr auf der Alp. Nach einem kurzen Abstecher in auswärtigen Arbeiten, absolvierte er die Betriebsleiterschule und die Meisterprüfung. Zusammen mit seiner Frau Marlies haben sie 2017 den elterlichen Betrieb übernommen, den sie zuvor neun Jahre als Generationengemeinschaft geführt hatten. David ist Vater zweier Kinder, arbeitet nebenbei als Bio-Kontrolleur, vertritt an der Delegiertenversammlung von Bio Suisse die Berner Biobauern und hofft, dass dank der Berner Bio-Offensive bald auch in der Gemeinschaftsgastronomie (z.B. Kantinen) mehr auf Bio gesetzt wird.

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