Ich sitze in der kühlen Küche der Familie Biehler in Worb, in der Hand einen Becher «Schlösslis Bio-Glace». Ich öffne ihn und koste. Caramel, so, wie es sein soll: der Geschmack von braun geröstetem Zucker in Kombination mit frischem Rahm zu einer genialen Geschmacksexplosion verschmelzend! Pure Begeisterung. Und so entführe ich auch euch in die Glacen-Welt der Familie Biehler, wo mir Jolanda Biehler als Glace-Fachfrau von ihrer Passion erzählt.

Die Familie ist vor drei Jahren nach Worb gezogen. Sie bewirtschaftet einen Pachtbetrieb der Berner Burgergemeinde. Nebst der Bio-Glace gehören Kühe, Acker- und Futterbau zu ihren Betriebszweigen. «Dass wir den Zuschlag für den Hof erhielten, haben wir sicherlich der Glace und der Tatsache, dass unser Sohn ebenfalls Landwirt gelernt hat, zu verdanken», erzählt Jolanda Biehler. Die Familie Biehler wurde aus 70 potentiellen Pächterinnen und Pächter ausgewählt. Der Hof wurde auf Bio Knospe umgestellt und bald kann auch ein weiteres Projekt abgeschlossen werden: Die rund 30 Milchkühe, deren Milch für die Glace-Produktion verwendet wird, dürfen in einen neu gebauten Kompoststall umziehen – ein Experiment und eine neue Erfahrung in der Laufstallhaltung.

Klein, fein und natürlich wird immer Prio sein

«Mir ist es sehr wichtig, dass die Inhaltsstoffe meiner Glacen natürlich und die Früchte möglichst lokal sind», betont Jolanda Biehler. Begonnen habe alles vor 20 Jahren, als ihr Mann ein Inserat einer niederländischen Franchise-Firma für die Herstellung von «Bio-Bauernhofeis» gesehen habe. Bereits damals bewirtschaftete die Familie Biehler einen Bio Knospe Hof und wollte diesem Ansatz auch treu bleiben. «Auf meine Nachfrage zu den Inhaltsstoffen der Pülverchen, die ich in die Glace hätte mischen sollen, wurde ich angehalten, bestehende Prozesse nicht zu hinterfragen», erklärt Jolanda Biehler. Nach Abklärung mit Bio Suisse stellte sich heraus: Es handelte sich grösstenteils um EU-Bio Inhaltsstoffe und das komme ihr nicht in die Küche. So wurde mit Hilfe eines Lebensmittel-technologen und mit Unterstützung einer Bäcker-Konditorin an diversen Rezepturen für Rahm- und Milchglace getüftelt. Für die Sorbet-Herstellung holte sich Jolanda Biehler Fachwissen aus der Eisfachschule in Deutschland. «Leider gab es die Eisfachschule in Bologna zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich bin Italien-Fan», verrät Jolanda Biehler schmunzelnd. Die Glacen entstanden mit viel Geduld und in unzähligen Versuchen und Verkostungen. Milch- und Rahmglace seien relativ schnell gelungen. Das Sorbet aber, das hatte es in sich: Die grösste Herausforderung sei das Verhältnis zwischen Zucker, Wasser, Bindemittel und Früchten, das müsse stimmen. «Da ist es auch mal vorgekommen, dass ein Sorbet in Kaugummi-Konsistenz entstand, ganz zur Freude meiner Kinder», erzählt Jolanda Biehler lachend.

Wir machen einen kleinen Abstecher in ihr Reich: einen ehemaligen Rübenkeller, der nun als Produktionsraum genutzt wird. Das Sortiment umfasst 13 Sorten – eine breite Palette an erfrischenden Fruchtsorbets und weichcremigem Rahmglacen. Die Kühlschränke und Gefriertruhen summen, sonst herrscht hier Ruhe. Aber es geht auch anders: Nämlich dann, wenn Jolanda Biehler mit ihrer Mitarbeiterin Glace produziert. An zwei Tagen in der Woche wird während acht bis zehn Stunden am Stück produziert. «Dann sind wir jeweils völlig absorbiert», erzählt die Glace-Fachfrau. Von einer Expansion sieht die Glace-Produzentin ab. Das Glace soll «handmade» bleiben, hergestellt in eigener Manufaktur. Ein Produkt aus natürlichen Zutaten, kreiert mit Leidenschaft und Herzblut. Am Anfang habe sie eine Website erstellt und die Glace ab Hof ab Bekannte verkauft, berichtet Jolanda Biehle. Dann kam der Verkauf ab Hofläden dazu und nun erfreuen die Glacen gar Kundinnen und Kunden von Bern und Luzern bis hin zu einem Hofladen im Thurgau. «Und», merkt Jolanda Biehler an, «die Kundschaft vergrössert sich laufend, denn die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert wunderbar».

Logistik und Rohstoffe – zwei grosse Herausforderungen

Die Glacen in die Hofläden zu verteilen ist eine logistische Herausforderung. Läden wie die Landi oder Geschäfte in Ostermundigen können von den Biehlers selbst beliefert werden. Bei den Hofläden aus dem Luzernischen oder im Thurgau sind Biehler’s darauf angewiesen, dass die Ware abgeholt wird. Die Kundschaft profitiere dann von einem Preisrabatt. Das Transportunternehmen Murpf verfügt über Kühltransporter und führt die Glacen in entlegenere Hofläden.

Auch die Beschaffung der Rohstoffe sei nicht einfach. «Rückmeldungen meiner Kundinnen und Kunden bestätigen, dass nicht jede Glace oder jedes Sorbet gleich schmeckt», berichtet die Glace-Macherin. Und so soll’s auch sein. Früchte sind Naturwaren und haben je nach Wetter und Temperatureinflüsse andere Aromen. Mal sind sie süss, mal etwas saurer, ein ander mal wegen Hagel nicht verfügbar. «Mit der Zeit weiss ich, wie die Beeren der jeweiligen Produzentinnen und Produzenten schmecken. Während die Himbeeren im Aroma relativ stabil sind, kann der Geschmack der Erdbeeren stark variieren», weiss Jolanda Biehler. Erstklassige Ware wie auch die Verfügbarkeit in Bio Knospe Qualität haben höchste Wichtigkeit. Rohstoffe wie Mangopulpe oder auch Vanille sind nicht immer in Knospen-Qualität verfügbar. Das werde der Kundschaft auch so kommuniziert. Hier sei Verständnis gefragt. «Immer wenn ich glaube, alle Produkte zusammen zu haben, ist doch etwas nicht lieferbar. Das ist der Knackpunkt am Ganzen!» Beerensorbet sollte das ganze Jahr verfügbar sein, so die Bedürfnisse der Kundschaft. So sei es notwendig, die Beeren frühzeitig und in der gewünschten Qualität zu besorgen. «Und weil Beeren nicht immer das gleiche Aroma haben, testen und mischen wir verschiedene Kombination. Genau das mache die Glace-Produktion zu einem sensorischen Abenteuer, meint Jolanda Biehler strahlend.

Die Lieferzeiten der vielfältigen Zutaten erstrecken sich teils über Monate. Das Management der gesamten Rohstoffe und die Materialbeschaffung sei eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. «Ich bin nicht nur Glace-Produzentin», bemerkt Jolanda Biehler, «Es gehört noch viel mehr dazu». Von der Kreation des Logos über den Druck der Etiketten hin zur Webseitengestaltung und Rezeptentwicklung. Ein Multitasking- Job, der viel Flexibilität und Geduld verlangt. Doch das Schöne sei, dass die frische Ware bei Kundinnen und Kunden sehr gut ankomme. «Meine Kinder bitten mich immer, die Glacen zu ihrem Geburtstag in die Schule zu bringen», lacht Jolanda Biehler. Das sei auch gute Werbung.

Knackpunkt Bern

«Bern ist ein wahres Gelateria-Schlaraffenland», eröffnet mir Jolanda Biehler. Ihre Glacen sind vor allem im Umkreis von Bern zu finden. «In Restaurants reinzukommen ist sehr schwierig», fügt sie an. In der Gastronomie werde Glace heute vielerorts hausgemacht. Und sie möchte nicht mit «Billigglacen» konkurrieren – ihre hochwertigen Produkte könne und wolle sie nicht zu Tiefpreisen verkaufen.

Auf eine persönliche Begegnung

Ich erinnere mich an das Gefühl meiner Verkostung zurück. Die Frische der Zutaten unverkennbar, die Passion und die Liebe zum Detail ebenso. Es bleibt mir nichts weiter übrig, als auf dieses tolle Glace-Erlebnis «gluschtig» zu machen.

Lust auf Schlösslis Bio-Glace?
Wer möchte, kann diese im Hofladen der Familie beziehen (24h in Selbstbedienung) oder Anlässe im Kulturhaus «Heitere Fahne» in Wabern besuchen, wo fast ausschliesslich mit biologischen Produkten von Lieferanten aus der Region gekocht wird.

Kommentar