Das Murmeln des Windes
«Le murmure» kommt nicht von ungefähr: Gleich neben der Weinerei in Meikirch, dort wo Martina Christe und Christoph Riesen zu Hause sind, geht meist ein Wind. Und so war denn auch der Name für die edlen Tropfen schnell geboren: «Murmure du vent» – das Murmeln des Windes. Zierte in den ersten Jahren noch eine Violinistin das Flaschendesign, sind es heute Fossilien in verschiedenen Natur- und Erdtönen, die mit etwas Glück in den Le murmure-Rebbergen am Bielersee zu finden sind. Die allmähliche Entstehung einer Versteinerung geht einher mit der Produktion des Weines: Für beides braucht es viel Zeit und Geduld. Und das Ergebnis ist, beeinflusst von nicht steuerbaren, äusseren Einflüssen, nie das gleiche.
«Viele Leute denken noch immer, dass Bio-Wein nicht fein ist. Ein alter Irrglaube, den wir mit unseren Weinen widerlegen möchten.»
Christoph Riesen, Le Murmure
Hoch über dem Bielersee
Entstanden ist die Idee zum Quereinstieg in die Vinifizierung bei einem winterlichen Spaziergang im Lavaux, den imposanten Weinberg-Terrassen am Genfersee. Schnell war die Aufgabenteilung klar: Während sich Christoph leidenschaftlich gerne der Weinproduktion widmet, übernimmt Martina die Verantwortung in den Rebbergen. Seither kümmert sie sich um die hoch über dem Bielersee, oberhalb von Alfermée und Tüscherz, sowie in Twann liegenden 2.4 Hektar grossen Weingärten. Dass diese biologisch bewirtschaftet werden sollen, stand ausser Frage. Und so wurden die Rebberge kurzum auf Bio umgestellt.
«Unser Credo? Die Vinifizierung von lebendigen Weinen,
die den natürlichen Charakter beim Geniessen zum Ausdruck bringen.»
Christoph Riesen, Le Murmure
Biologisch-dynamische «Vins Vivants»
Von Anfang an produzierte le Murmure ausschliesslich «Vins Vivants»: lebendige Weine in schonender Handarbeit. Die Trauben werden von Hand geerntet und schonend gepresst. So bleibt das volle Potenzial der natürlichen Aromen erhalten. Mit minimalistischer Intervention, Spontanvergärung und ohne Filtration findet jeder Wein seinen Weg in die Flasche. Die Spontanvergärung ist der natürliche mikrobiologische Vorgang, der einsetzt, wenn Früchte ausgepresst und mit natürlich im Weinberg und im Keller vorkommenden Hefearten im eigenen Saft gegärt werden – ganz ohne Zusatz von speziell gezüchteten Weinhefen. Martina und Christoph arbeiten biologisch-dynamisch nach den Richtlinien von Bio Suisse und Demeter. Einige Weine werden gar nach den strengen Vorgaben des Vereins Vin Nature Suisse produziert. Allem voran heisst das ohne das zugesetzte Konservierungsmittel Sulfit.
«Unsere Weine? Echt, unverfälscht natürlich und lebendig.»
Martina Christe, Le Murmure
Den edlen Tropfen erwerben
Kaufen kannst du den Wein direkt bei le murmure. Nebst etlichen Bio-Weinen gibt es auch reine Natur- und Schaumweine sowie Brände und Liköre. Martina und Christoph verkaufen ihre edlen Tropfen auch am jährlich stattfindenden Bärner Bio Märit. Zudem sind ihre Weine in auserlesenen Restaurants und Bio-Läden zu finden.
Von der Traube zum Wein
Dank tatkräftiger Unterstützung von jeweils rund 15 Verwandten und Bekannten bei den rund 6 «Läset»-Tagen kommen 10’000 bis 12’000 Tonnen Trauben zusammen. Kaum sind die Früchte in Meikirch angekommen, werden sie vor dem Keltern zuerst entrappt oder direkt gepresst. Die Trauben für den Weisswein kommen mitsamt Stiel und Rappen in die Presse, für den Rotwein werden sie entrappt, also von Stiel und Gerüst befreit.
Danach wird der Saft für den Weisswein in den Stahltank abgefüllt und beginnt dort mit der natürlichen Gärung. Oder er bleibt – wie auch der Saft für den Rotwein – auf der Maische. Als Maische werden die Traubenschalen, Kerne und das Fruchtfleisch bezeichnet, die bei der Gärung obenauf schwimmen und nach der Pressung bei Rot- und Weisswein übrigbleiben. Je nach Temperatur und natürlich vorhandener Hefe dauert dieser Prozess ein paar Tage bis zu einigen Wochen.
In dieser Zeit wird der Oechslegrad, also der Zuckergehalt im Saft, täglich gemessen. Ist der Zucker in Alkohol umwandelt, ist die Gärung abgeschlossen. Dann kann der Wein bis zum nächsten Sommer in einem Stahltank, Holz- oder Tonfass ruhen. In dieser Zeit verändern sich Geschmack und Farbe des Weins fortlaufend und die Trübstoffe haben genügend Zeit, sich zu setzen. Das ist besonders wichtig, weil die Weine von Martina und Christoph im Gegensatz zu vielen anderen (Bio-) Weinen vor dem Abfüllen nicht gefiltert werden, damit keine wertvollen Inhaltsstoffe verloren gehen.
«75% der Rebfläche ist mit resistenten Sorten bestockt.»
Martina Christe, Le Murmure
Den Ressourcen Sorge tragen
Auch wenn mit dem «Läset» die Hauptarbeit anfällt, müssen die Weingärten ganzjährig gehegt und gepflegt werden. Martina legt grossen Wert auf einen gesunden, gemulchten Boden und eine hohe Biodiversität – die halbe Miete für einen guten Bio-Wein. Das in den Weingärten gemähte Gras bleibt im Rebberg liegen, ebenso kommt der sogenannte Weintrester; also der «Abfall», der bei der Weinproduktion anfällt, als Kompost zurück in den Rebberg.
Damit ein Minimum an Pflanzenschutzmassnahmen gewährleistet werden kann, setzen Christoph und Martina zunehmend auf pilzresistente Traubensorten, so zum Beispiel Solaris. Zudem sorgen in den Rebbergen Trockensteinmauren und Felsböschungen, Holz- und Steinhaufen sowie Hecken und Bäume für eine gesunde Artenvielfalt und helfen, Schädlinge in Schach zu halten. So fühlen sich auch Marienkäfer und Ohrwürmer wohl: Die Nützlinge fressen die gefürchteten Mehltausporen an den Reben. Und wenn sich doch mal Mehltau ankündigt, hat sich oftmals eine Traubenwäsche mit verdünnter Molke als geeignet erwiesen.
Martina ist seit fünf Jahren hauptberuflich im Rebberg tätig und arbeitet zudem im Winterhalbjahr in einem kleinen Teilzeitpensum im Büro. Sie lernte das Handwerk der Weinherstellung bei verschiedenen Weinbauern, einer davon vermachte ihnen gar ihre jetzigen Parzellen.
Christoph arbeitet hauptberuflich als Geschäftsleitungsmitglied einer humanitären Organisation in Zollikofen.
Beide absolvierten verschiedene Winzerkurse und Ausbildungen für die Weinbereitung und haben auch vorher schon gerne Wein getrunken, sich aber nicht speziell damit ausgekannt.