Die Stadt Biel organisiert ihre Verpflegung für städtische Betreuungseinrichtungen neu unter dem Label
«Gesunde Ernährung».

Der Weg zur «Gesunden Ernährung» der Stadt Biel mit «Cook and Chill» begann nicht erst gestern:
Aus einer 2015 ins Leben gerufenen und 2021 von der Bieler Stimmbevölkerung mit 84% verabschiedeten Gemeindeinitiative entstand ein Label, welches für gesunde, nachhaltige und lokale Produktion aus der Region, für mehr Wirtschaftlichkeit und weniger Abfall steht. Mehr dazu gibt’s in unserem Interview mit Daniel Stäheli, Projektleiter «Gesunde Ernährung» und Leiter Alterszentren der Stadt Biel.

Geliefert werden die im «Cook and Chill-Verfahren» hergestellten Mahlzeiten seit Januar 2023 von der vollständig umgebauten Produktionsküche im Alterszentrum Redern. «Cook and Chill» garantiert eine hohe Qualität und reduziert die Lebensmittelverschwendung. Das Essen wird auf herkömmliche Weise zubereitet und direkt auf unter 4°C gekühlt, so dass die Speisen bei ununterbrochener Kühlkette ohne Qualitätsverlust gelagert und geliefert werden können. Serviert werden an einem Schultag an 20 Standorten rund 1’300 Mittagsmahlzeiten für Kinder und Personal, die zuvor in den Tagesschulen und Kitas zum gewünschten Zeitpunkt im Steamer aufbereitet wurden. So werden Warmhaltezeiten vermieden und Nährstoffe bleiben erhalten.

Wir haben mit Gunnar Kriening, Leiter Produktionsküche des Alterszentrums Redern in Biel gesprochen.

Herr Kriening, die Stelle des Leiter Produktionsküche wurde im Jahr 2022 durch Sie neu besetzt. Ihre Hauptmotivation, sich zu bewerben?

Herr Kriening: Motiviert hat mich zum einen das sehr umfassende und spannende Thema der Kinderernährung, zum anderen die Komplexität und Grösse des Projekts sowie ein sicherer Arbeitgeber. Bei meiner vorherigen Arbeitsstelle habe ich ähnliche Projekte begleitet. Dieses Projekt mit einer noch höheren Komplexität hat mich angespornt, mit an Bord zu sein.

Seit anfangs 2023 werden die Mahlzeiten für Tagesschulen, Kitas und Alterszentren der Stadt Biel zentral in der Küche des Alterszentrum Redern zubereitet. Sie haben den Küchenumbau und die Planung eng begleitet. Welche Herausforderungen und Highlights sind Ihnen geblieben?

Da gibt es einiges, jeder fertige Bauabschnitt war ein Highlight für sich. Die lokalen Handwerkerinnen und Handwerker haben trotz engem Zeitplan tolle Arbeit geleistet. Die Machbarkeit überhaupt, der Zeitdruck und die Sicherung des laufenden Betriebes waren jedoch grosse Herausforderungen.

Und wie ist der Start in der neuen Produktionsküche Anfang 2023 gelungen?

So wie man es kennt: Wir haben geplant und koordiniert, Arbeitsabläufe durchdacht, Prozesse erstellt und neue Mitarbeitende geschult. Und dann ging es schon los, und es kam gut: Der Start lief nach Plan. Heute läuft noch nicht alles perfekt, aber wir sind auf einem sehr gutem Weg…

Die Ware wird von lokalen und wo immer möglich Bio-Produzenten geliefert und bei Ihnen in der Produktionsküche verarbeitet. Was passiert danach? Wie gelangen die Menus in die Kitas und Tagesschulen?

Wir beliefern die Standorte dreimal wöchentlich mit dem Rüebli-Bus, unserem eigenen Kühltransporter. Ein Spezialfahrzeug, mit Elektroantrieb und Hebebühne – in der Schweiz vermutlich das erste und momentan einzige Fahrzeug dieser Art. Ein absolutes Highlight.

Das tönt interessant! Und wie läuft der Rücknahmeprozess des Geschirrs?

Bei jeder Anlieferung nehmen wir vorgewaschene Schalen von vorgängigen Lieferungen auf einem Transportwagen zurück. Wir haben 50 Transportwagen und 250 Mahlzeiten-Boxen im Umlauf. In der Produktionsküche waschen und desinfizieren wir die Utensilien, danach werden diese wieder bestückt und die Reise beginnt aufs Neue.

Die Stadt Biel hat ein Reglement für die gesunde Ernährung erschaffen: Ist das Ihr Fahrplan bei der Beschaffung der Lebensmittel?

Ja, das Reglement ist unser Fahrplan, mit ambitiösen, aber machbaren Vorgaben. In Bezug auf die Forderung nach einem hohen Bio-Anteil sind auch unsere Zulieferer gefragt und stetig daran, uns zu unterstützen. Küchenfertige Produkte wie z.B. geschälte Kartoffeln und Rüebli zu erhalten, ist kein Problem. Geschälte Bio-Kartoffeln und Bio-Rüebli hingegen sind nicht so einfach verfügbar, da die Nachfrage auf dem Schweizermarkt noch zu klein ist. Wir sind bestrebt, das Reglement einzuhalten, wirtschaftlich einzukaufen und die Zufriedenheit von Kundinnen und Kunden zu fördern.

Was hat sich in der Küche mit mehr Bio aus der Region verändert? Was haben Sie als Veränderung erwartet, was so aber (noch) nicht eingetroffen ist?

In der Produktion und für den Koch ändert Bio oder nicht Bio relativ wenig. Wir arbeiten stets sensibel und respektvoll mit all unseren Rohstoffen. In der Ideologie und im Bewusstsein aber, da ändert sich viel. Es macht Freude, hiesige gesunde Produkte zu verwenden. Und es ist schön, dass Bio-Produkte je länger je mehr in dieser Menge erhältlich sind. Ein Vorteil ist, dass wir im Voraus planen und Bestellungen mit Vorlauf tätigen können, was wiederum die Produzierenden bei der Planung unterstützt.

Label Gesunde Ernährung

«Es ist schön, dass Bio-Produkte je länger je mehr in dieser Menge erhältlich sind.»

Wo steht die Branche der Gemeinschaftsgastronomie hinsichtlich der Beschaffung von regionalen Bio-Produkten?

Das wird sich zeigen, wir sind aber auf gutem Weg. Das Alterszentrum Redern verarbeitet 300 Kilo Gemüse pro Tag – ein beträchtliches Volumen! Somit konnten Produzentinnen und Produzenten hier in der Region einen grossen und langfristigen Kunden gewinnen. Und für die regionale Gemeinschaftsgastronomie ist der Weg frei, vom weiterentwickelten Angebot zu profitieren.

Was würden Sie sich für die Warenbeschaffung wünschen bzw. wo sehen Sie Potenzial?

Die Beschaffungsmöglichkeiten von Bio-Rohstoffen und Bio-Produkten sollen weiter ausgebaut werden, so dass auch grosse Mengen für Gastrobetriebe garantiert werden können. Die höhere Verfügbarkeit könnte gleichzeitig auch ein Ansporn für andere Gastronomiebetriebe sein.

Wie haben Sie das Beschaffungs-Monitoring gelöst und welche Massnahmen sind geplant, um allfällige Anpassungen vorzunehmen?

Wir werden im Rahmen interner Audits den Bio-Anteil und andere Kennzahlen verifizieren. Das schreibt uns das Reglement vor. Unsere Lieferanten weisen uns bereits jetzt im Rahmen der Kontierungen aus den Einkäufen den Bio-Anteil aus.

«Das Alterszentrum Redern verarbeitet 300 Kilo Gemüse pro Tag – ein beträchtliches Volumen!»

Ihr Durchschnittspreis pro Menü ist wahrscheinlich festgelegt: Wie schaffen Sie es, regional sowie nachhaltig einzukaufen und gleichzeitig die Rahmenbedingungen einzuhalten?

Einerseits kaufen wir grosse Mengen ein und führen Preisverhandlungen, andererseits planen wir unseren Einkauf gezielt mit einem Menübestellsystem. Auch Foodwaste ist bei uns ein grosses Thema: Wir legen Wert auf die Vermeidung von Überproduktion.

Ihr Menü bietet nur noch einmal wöchentlich Fleisch. Haben Sie dazu schon Rückmeldungen von den Betreuungseinrichtungen, den Bewohnerinnen und Bewohnern der Altersheime oder ihren jüngsten Bürgerinnen und Bürger aus Kitas und Tagesschulen erhalten?

Prinzipiell haben wir sehr positive Rückmeldungen. Es gibt aber auch Stimmen, die den Fleischanteil als deutlich zu niedrig erachten. Das Umdenken hin zu weniger Fleischkonsum hat noch nicht stattgefunden. Trotzdem: Die Menüs unserer Bewohnerinnen und Bewohner im Alterszentrum Redern haben einen höheren Anteil an tierischem Eiweiss.

Gleichzeitig sind Sie auch für die Verpflegung im Altersheim selbst zuständig: Wie bringen Sie dies alles unter einen Hut?

Mit einer ausgeklügelten Produktionsplanung. Unsere Abläufe in der Produktionsküche unterscheiden sich von einem klassischen Gastronomiebetrieb. «Cook and Chill» ist hier allgegenwertig. Und es steht sieben Tage die Woche ein Koch für das Alterszentrum zur Verfügung, der die meisten Wünsche erfüllen kann.

Ihr Schlusswort als Leiter der kulinarischen Verpflegung des Alterszentrums Redern?

Rückmeldungen unserer Kundschaft schätzen wir sehr und nehmen diese gerne entgegen. Denn: Wir leben einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess und sind bestrebt, uns laufend zu verbessern. Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen und Ihre Geduld!

Zudem gut zu wissen: Externe Gäste sind herzlich eingeladen, eine Kostprobe der Menüs in der öffentlichen Cafeteria vom Redernweg zu geniessen. Zudem können bei uns Seminare mit anschliessender Besichtigung und Mittagessen durchgeführt werden.

Stadt Biel Produktionsküche Redern
Label Gesunde Ernährung

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